Die 7 Stolpersteine weisen bei der Einführung des Klassenrats auf die Klippen hin und verhindern das schnelle Aufgeben bei den ersten Stolpersteinen beim Start. Wie bei allen neuen Projekten belohnt ein langer Atem durch den sich einstellenden Erfolg.
Keine Vorbereitung auf die Einführung des Klassenrats in der gesamten Schule
Die Akteur*innen der Schule, d.h. das pädagogische Personal, die Kinder und Jugendlichen sowie die Eltern bereiten sich nicht gemeinsam auf die Einführung des Klassenrats vor oder es erfolgt eine Top-Down-Einführung ohne Zustimmung der beteiligten Personen vor allem der Kinder und Jugendlichen.
Alle Akteur*innen der Schule haben die Möglichkeit, sich umfassend über den Klassenrat zu informieren und miteinander über eventuell vorhandene Befürchtungen zu sprechen. Es empfielt sich, Expert*innen und Personen einzuladen, die bereits den Klassenrat eingeführt haben, damit auch die, die zweifeln, an Bord sind. Nur gemeinsam entsteht ein wertschätzendes Schulklima!
Rahmenbedingungen werden missachtet
Der Klassenrat findet nicht regelmäßig statt bzw. findet nur dann statt, wenn „Probleme“ auftauchen.
Alle Rahmenbedingungen des „Leitfadens Klassenrat“ (s. Kap. 4) sind von Bedeutung. Der Klassenrat wird nur wirksam, wenn er verbindlich in die Schulstruktur/Schulkultur integriert wird.
Absichten, Interessen und Vorhaben der Kinder und Jugendlichen werden nicht geklärt
Kinder und Jugendliche „dürfen“ keine Fehler im Prozess machen und keine kontinuierliche Eigenverantwortung übernehmen. Sie werden zu wenig über die Chancen des Klassenrats informiert.
Der Klassenrat bedarf unterstützender Lernarrangements. So ist zum Beispiel ein vorgeschaltetes oder begleitendes Training zum kommunikativen und sozialen Lernen hilfreich. Eine umfassende Information der Kinder und Jugendlichen sichert den Weg zum Erfolg. Stellen sich die ersten sichtbaren Erfolge bei den Kindern und Jugendlichen ein, können sie selbstwirksamer werden und mehr Verantwortung für sich sowie für die Gemeinschaft und den Klassenrat übernehmen.
Die Rolle des pädagogischen Personals wird nicht geklärt
Die Lehrkräfte und die pädagogischen Fachkräfte reflektieren ihre „andere“ Rolle im Klassenrat nicht. Sie benutzen den Klassenrat zum Beispiel als Plattform für Belehrungen und Moralpredigten oder als Tarnung für zusätzliche Kontrolle.
Es ist wichtig, als Lehrkraft oder pädagogische Fachkraft so objektiv und vorurteilsfrei wie möglich zu sein, sich zurückhalten und nicht sofort zu intervenieren, wenn der Ablauf im Klassenrat nicht so funktioniert,
wie erwartet. Die pädagogischen Fachkräfte können und sollen sich gleichberechtigt an der Tagesordnung beteiligen, Meinungen äußern und mit abstimmen – mit gleichem Stimmgewicht wie die Kinder und Jugendlichen. Sie sollten sich jedoch ihrer (Vorbild-) Rolle und ihrer informellen Macht immer bewusst sein. Der Weg zum erfolgreichen Klassenrat erfordert Geduld und Unterstützung!
Die Themen für den Klassenrat werden nicht ausreichend geklärt
Nicht jeder Konflikt oder jedes Problem gehört auf die Tagesordnung der Klassenratssitzung und/oder kann im Klassenrat gelöst werden. Allerdings ist es sinnvoll, dass die Themen der Schüler*innenvertretung in den Klassenrat eingebracht bzw. dort vordiskutiert werden.
Welche Konflikte und Probleme im Klassenrat diskutiert werden, entscheiden alle gemeinsam. In der Regel sollte nicht nach dem Mehrheitsprinzip verfahren werden. Bei scheinbar unlösbaren Problemen sollte die Frage gestellt werden: „Offenbar finden wir keine Lösung, was machen wir jetzt?“ Wenn ein Lösungsvorschlag nicht den Vorstellungen und Werten der Pädagog*innen entspricht, dieser jedoch nicht gegen gesetzliche Bestimmungen oder die Schulordnung oder die selbst erarbeiteten Regeln verstößt, sollte den Kindern und Jugendlichen vertraut werden. Themen der Schüler*innenvertretung sollten immer von dem gewählten SV-Mitglied als Anliegen eingebracht werden, damit die Kommunikation zwischen SV-Arbeit und Klassenrat transparent bleibt. Wenn die Ideen für die Themen ausbleiben, heißt es kreativ sein, manchmal hilft eine längere Planung interessanter Themen, zu denen Expert*innen eingeladen werden. mehr zu Themen
Dem Klassenrat wird keine Entwicklungschance durch Reflexion gegeben
Ein vorschneller Ausstieg aus dem Klassenrat – weil alles noch nicht so gut funktioniert oder alle keine Lust mehr darauf haben – ist ein schwerer Fehler. Im Klassenrat benötigen alle Akteur*innen einen langen Atem. Die Reflexion der Arbeit im Klassenrat ist im Team des pädagogischen Personals und in der Schüler*innenvertretung bzw. im Schüler*innenparlament notwendig. Das Lernen von Verantwortung und Eigenständigkeit ist ein langer Prozess. Viele Hürden werden nur mit Geduld gemeistert. Eine jahrgangsweise Einführung sowie eine langfristige und verbindliche Einbindung in das Schulprogramm führt oftmals zum Erfolg.
Dem Klassenrat keinen Raum zur Entwicklung geben
Im Klassenrat werden nur Anliegen und Konflikte angesprochen, die von älteren Kindern und Jugendlichen ohne institutionelle Bindung an den Klassenrat selbst geklärt werden könnten. Der Klassenrat erfährt keine altersgemäße Weiterentwicklung und erstarrt.
Der Klassenrat lebt von Herausforderungen und neuen Verantwortungsfeldern. Kinder und Jugendliche lernen im ersten Schritt, ihre eigenen Anliegen zu artikulieren, sich eine Meinung zu bilden, Kontroversen zu sehen und Entscheidungen auszuhandeln.
In einem zweiten Schritt übernehmen sie Verantwortung für den eigenen Lernprozess, indem sie für sich und andere geeignete Lernformen finden, diese reflektieren und in den Unterricht einbringen. Sie übernehmen darüber hinaus Verantwortung für die Schulkultur ihrer Schule.
In einem dritten Schritt initiiert, berät und begleitet der Klassenrat Verantwortungsprojekte und Lernen durch Engagement (zum Beispiel Service Learning) im Fachunterricht (oder im fächerübergreifenden Unterricht). Dabei wird die Fähigkeit zum bürgerschaftlichen Handeln (bzw. die Förderung bürgerschaftlichen Engagements in der Schule) entwickelt. Alle genannten Schritte sind prozesshaft und nicht an Altersstufen gebunden.