Der Klassenrat – Wurzeln
Die Wurzeln des Klassenrats liegen in der Freinet-Pädagogik, den Ansätzen der Individualpsychologie und dem Demokratielernen von John Dewey. Die Freinet-Pädagogik setzt auf Selbstorganisation und Eigenverantwortung in einer Klassenversammlung. In diesem Gremium werden Arbeitsergebnisse präsentiert und bewertet. Aber auch Streitpunkte zwischen den Kindern werden angesprochen und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Die Individualpsycholog*innen, Rudolf Dreikurs, Bernice B. Grunwald und Floy Ch. Pepper, verstehen den Klassenrat als Beitrag zur Herstellung einer demokratischen Ordnung. Diese Ordnung sei durch Achtung der Würde des Anderen, durch Selbstachtung, durch Teilung der Verantwortung und die Einübung demokratischer Methoden gekennzeichnet.
John Dewey, oft als Begründer der Demokratiepädagogik bezeichnet, beschreibt in seinem Buch „Demokratie und Erziehung,“ das Verhältnis zwischen Demokratie und Erziehung in seiner Laborschule in Chicago. Lernen gelingt nach Dewey nur, wenn es demokratisch verfasst ist: Lernen ist aktives, selbstbestimmtes Handeln und zugleich kooperatives gemeinsames Handeln. Er prägte auch das bekannte Motto „learning by doing.“
Als Stammsymbol sind die Kinderrechte mit dem Bereichen Partizipation, Gleichheit, Schutz und Förderung hervorzuheben, die wiederum die Grundlage der Demokratiepädagogik sind. Wolfgang Edelstein ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben. Er hat sich wie kein anderer seit 2005 unermüdlich für die nachhaltige Entwicklung des Klassenrats als demokratiepädagogisches Lernarrangement eingesetzt. Die Klassenratsinitiative Berlin-Brandenburg wurde durch ihn beraten und wissenschaftlich begleitet. Die Bedeutung des Zusammenhangs von Anerkennung, Selbstwirksamkeit und Verantwortungsübernahme wurde von ihm aufgezeigt. Durch dieses pädagogische Wirken wird Partizipation von Kindern und Jugendlichen ermöglicht. Beteiligung ist der erste Schritt hin zu einer demokratieförderlichen Umgebung in der Schule und der Klassenrat ist das Herzstück einer demokratischen Schule. (W. Edelstein: Ressourcen für die Demokratie. Die Funktionen des Klassenrats in einer demokratischen Schulkultur, Berlin 2010) Gemeinsam mit ihm und den Kolleg*innen aus dem Landesverband der DeGeDe Berlin-Brandenburg ist die Handreichung entwickelt worden: Klassenrat – Herzstück einer demokratischen Schule – Die Einführung für Pädagog*innen.
Qualitätsschritte
Nicht jeder Klassenrat erfüllt den Anspruch, den wir „im Auge“ haben, denn es soll Klassenräte geben, die durch die Lehrkräfte dominiert sind bzw. wo Kinder durch andere Mitschüler*innen beschämt werden. In diesen Fällen werden die Kinderrechte als Grundlage der Klassenratsarbeit negiert. Die Klassenratsinitiative spricht von drei Qualitätsschritten: Klärung von Anliegen und Streitigkeiten, Verantwortung für das eigenen Lernen übernehmen und „last but not least“ Engagement und politische Verantwortung für die Schule und die Gemeinde/ Stadtteil übernehmen.
Qualitätsstandards einer demokratischen Schule
Bildungspolitisch orientiert sich die Initiative „Wir sind Klasse“ und der Klassenrat an den Qualitätsstandards einer demokratischen Schule:
- Partizipation wird als ein Kinderrecht umgesetzt
- Inklusion wird ermöglicht und gelebt
- Achtung demokratischer Werte wird reflektiert
- Verschiedenheit wird wahrgenommen
- Diskriminierung wird sichtbar gemacht und „geächtet“
- Anerkennung von Vielfalt wird gelernt und eingeübt
- Diversität wird gelebt
- Lernkonzepte zur Individualisierung werden aufgespürt und entwickelt
- Beziehungslernen wird entdeckt
- Kooperation wird gepflegt
Qualitätsstandards im Klassenrat
Diese Qualitätsstandards werden im Klassenrat nur dann erreicht, wenn sich Schüler*innen und Lehrer* innen mit der Qualität im Klassenrat auseinandersetzen:
- Welchen Einfluss hat der Klassenrat auf Teilhabe und Mitbestimmung in der Schule?
- Können Kinder und Jugendliche über die Lerninhalte im Unterricht mitbestimmen?
- Haben Kinder und Jugendliche einen Einfluss auf die Bewertung ihrer Leistungen?
- Hat sich das soziale Klima in der Schule verbessert?
- Wird eine Wertediskussion in der Klasse und in der Schule geführt?
- Respektieren und schätzen sich alle Kinder und Jugendlichen?
- Hat sich das Lernklima im Unterricht und in der Schule verändert?